Bewerbung und Vorstellungsgespräch | Charakteristisch für das Auswahlverfahren ist folgende Interessenlage: Während sich der Arbeitnehmer möglichst vorteilhaft präsentieren möchte, will der Arbeitgeber so viel wie möglich über den Bewerber erfahren, insbesondere zu seinen Schwächen. Dementsprechend treffen sowohl den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer Informations- und Rücksichtnahmepflichten. Als Bewerber muss man aber nicht alles offenbaren. Bei Diskriminierung im Auswahlverfahren können verschiedene Abwehransprüche entstehen.
Als Rechtsanwalt berate und vertrete ich meine Mandanten bei rechtlichen Problemen im Zusammenhang mit Bewerbung und Vorstellungsgespräch. Im Streitfall übernehme ich die außergerichtliche und gerichtliche Durchsetzung ihrer Ansprüche. Als Beispiel können Schadensersatzansprüche wegen Diskriminierung im Auswahlverfahren geltend gemacht werden.
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Eine Bewerbung dient der Anbahnung eines Arbeitsvertrages. Regelmäßig bewirbt sich ein potenzieller Arbeitnehmer auf eine Stellenanzeige hin. Diese stellt lediglich eine rechtlich unverbindliche Aufforderung zur Abgabe eines Angebots dar (Juristendeutsch: invitatio ad offerendum). Haben Sie sich auf eine Stelle beworben, entsteht bereits ein vorvertragliches Schuldverhältnis mit dem potenziellen Arbeitgeber. Aus diesem Rechtsverhältnis haben Sie Rechte und der Stellenausschreiber spiegelbildliche Pflichten:
Der mögliche Arbeitgeber ist zum vertraulichen Umgang mit Ihren Daten verpflichtet. Die Daten dürfen nur zum Zweck des Auswahlverfahrens verwendet werden. Eine unbefugte Weitergabe an Dritte ist unzulässig. Die Bewerbugnsunterlagen dürfen nur zeitlich begrenzt aufbewahrt werden, bevor der Arbeitgeber sie löschen muss:
Die sechsmonatige Frist ist gesetzlich nicht geregelt, ergibt sich aber aus folgender Überlegung: Falls ein Bewerber sich ungerecht behandelt fühlt, kann er unter Umständen gegen den Arbeitgeber Ansprüch wegen Ungleichbehandlung erheben. Dann wird der Arbeitgeber die Bewerbungsunterlagen benötigen, um sich verteidigen zu können. Nach dem insoweit einschlägigen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) muss der Bewerber innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung seine Ansprüche schriflich geltend machen (§ 15 Absatz 4 AGG). Innerhalb von weiteren drei Monaten muss er klagen (§ 61b Absatz 1 Arbeitsgerichtsgesetz). Zusätzlich rechnet man einen weitern Monat für etwaige Zustellungen und Verzögerungen ein. Insgesamt ergibt sich daraus die sechsmonatige Frist.
Grundsätzlich können alle Kosten im Zusammenhang mit der schriftlichen Bewerbung als sogenannte Werbungskosten von der Steuer abgesetzt werden. Das betrifft etwa die Kosten für eine Bewerbungsmappe, Ausdrucke von Anschreiben und Lebenslauf, Kopien von Zeugnissen und Versandkosten.
Darüber hinaus hat der potenzielle Arbeitgeber die angemessenen Reisekosten des Bewerbers zu ersetzen (Anreise mit eigenem Pkw, Bus, Bahn, ggf. Übernachtung und Verpflegung). Dies gilt aber nur dann, wenn die Kostenübernahme durch den Arbeitgeber nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde oder er diese sogar vorher zugesagt hat.
Lehnt der Arbeitgeber Ihre Bewerbung ab, muss er schriflichte Bewerbungsunterlagen auf seine Kosten an Sie zurückschicken.
Davon gibt es aber zwei Ausnahmen: Der Arbeitgeber muss den Rückversand nicht bezahlen, wenn er dies in der Stellenanzeige so bekanntgegeben hat. Er muss sie auch nicht bezahlen, wenn Sie sich ohne Stellenanzeige beworben haben (Initiativbewerbung). Eine Rücksendeverpflichtung besteht nur, wenn Sie ihrer Initiaivbewerbung einen ausreichend frankierten Umschlag beifügen oder das Porto bezahlen.
Wenn Ihr bisheriges Arbeitsverhältnis noch besteht, haben Sie keinen Anspruch auf Freistellung zur Stellensuche. Sie müssen sich selbst Urlaub nehmen um Bewerbungsgespräche wahrzunehmen. Als Teilzeitbeschäftigter haben Sie grundsätzlich keinen Freistellungsanspruch, da Sie nach Ansicht der Arbeitsgerichte ihre verminderte Wochenarbeitszeit zur Stellensuch nutzen können.
Anders ist das im Fall einer vorangegangenen Kündigung. Hier haben Sie während des auslaufenden Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Freistellung zur Stellensuche (§ 629 BGB). Der Arbeitgeber muss Ihnen für eine angemessene Zeit frei geben und ihren Lohn fortzahlen. Dieser Anspruch besteht auch für befristete Arbeitsverhältnisse.
Das Vorstellungsgespräch ist von unterschiedlichen Interessen geprägt: Der potenzielle Arbeitgeber will möglichst viel über den möglichen Arbeitnehmer erfahren, während dieser sich in ein möglichst gutes Licht rücken will. Damit die Interessen beider Parteien gewahrt bleiben, hat die Rechtsprechung die folgenden Grundsätze aufgestellt.
Auf zulässige Fragen des potenziellen Arbeitgebers muss der Bewerber wahrheitsgemäß antworten. Verinfacht gesagt muss der Bewerber immer dann die Wahrheit sagen, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse an der wahrheitsgemäßen Antwort hat. Zulässig sind alle Fragen, die für die Tätigkeit in der neuen Stelle von Bedeutung sind.
Zudem muss die sogenannte Offenbarungspflicht beachtet werden. Demnach darf der Bewerber keine Umstände verschweigen, die ihm die ordnungsgemäße Erbringung der Arbeit unmöglich machen oder stark einschränken. Er muss diese Punkte von sich aus ansprechen.
Umgekehrt darf der Bewerber bewusst solche Umstände verschweigen, die mit der Ausübung der Tätigkeit nicht in Zusammenhang stehen. Dies geht sogar noch weiter: Stellt der Arbeitgeber Fragen, die offensichtlich nichts mit dem Arbeitsverhältnis zu tun haben, darf der Bewerber sogar gefahrlos lügen! In solchen Fällen drohen Ihnen keine rechtlichen Nachteile.
Als Faustregel gilt: Je privater eine Frage ist, desto eher dürfen Sie dazu schweigen oder gar lügen! Ihr Privatleben geht den Arbeitgeber gar nichts an.
Auch den potenziellen Arbeitgeber treffen Informationspflichten. Er muss den Bewerber etwa ausdrücklich darauf hinweisen, dass eine Tätigkeit überdurchschnittlich gefährlich oder anspruchsvoll ist und die Gesundheit beeinträchtigen kann. Mitgeteilt werden müssen auch drohende Stellenstreichungen oder Insolvenzen.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet ausdrücklich jede Diskriminierung nach bestimmten Merkmalen. Diese sind Geschlecht, Alter, Rasse, ethnische Herkunft, sexuelle Identität, Behinderung, Religion oder Weltanschauung (vgl. § 1 AGG).
Im Falle einer Diskriminierung besteht aber gerade kein Anspruch auf Einstellung. Es kommt statt dessen Schadensersatz in Betracht. Falls Sie gegen eine Diskriminierung vorgehen wollen, ist Eile geboten. Zunächst muss der Schadensersatzanspruch innerhalb von zwei Monaten nach Kenntnis von der Diskriminierung schriftlich gegenüber dem jeweiligen Arbeitgeber geltend gemacht werden (§ 15 Absatz 4 AGG). Anschließend muss eine Klage innerhalb von weiteren drei Monaten beim Arbeitsgericht eignereicht werden (§ 61b Absatz 1 ArbGG).
Aber Achtung: Falls Sie eine Diskriminierung bei der Bewerberauswahl vermuten, müssen Sie diese auch darlegen und beweisen.
Sie müssen bei einer Diskriminierung also nicht nur schnell handeln, um dei Fristen einzuhalten. Sie müssen auch alle Indizien darlegen und gegebenenfalls beweisen, welche eine Diskriminierung vermuten lassen. Dann wird der Ball ins Feld des Arbeitgebers gespielt und er muss seinerseits darlegen und beweisen, dass keine Diskriminierung vorlag.
Rechtsanwalt Simon Eisentraudt
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Das Arbeitsrecht umfasst alle Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Es regelt alle Aspekte eines Arbeitsverhältnisses. Es gibt das sog. Individualarbeitsrecht, welches die Ausgestaltung eines jeden Arbeitsverhältnisses regelt. Daneben gibt es das kollektive Arbeitsrecht, das sich mit Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden, Tarifverträgen, Betriebsräten usw. befasst.
Leider gibt es in Deutschland kein „Arbeitsgesetzbuch“, in dem alle Arbeitsgesetze gesammelt werden. Vielmehr existieren dutzende arbeitsrechtliche Gesetze, die gewissermaßen „verstreut“ in der Rechtslandschaft herumstehen.
Das materielle Arbeitsrecht regelt die konkreten Gestaltungsmöglichkeiten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Zu finden sind die Vorschriften etwa im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) oder dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).
Das formelle Arbeitsrecht befasst sich mit dem arbeitsgerichtlichen Verfahren und ist im Wesentlichen im Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) und in der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt.
Das arbeitsgerichtliche Verfahren ist im Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) und in der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Eingeleitet wird das Verfahren durch eine Klage. Je nach Situation kann es sich dabei um eine Leistungsklage, eine Feststellungsklage oder um eine Gestaltungsklage handeln.
Durch eine Leistungsklage soll die Gegenseite (der Beklagte) zur Erbringung einer Leistung verurteilt werden. Diese kann etwa in der Zahlung einer Geldsumme bestehen. Ein häufiger Fall ist die klageweise Geltendmachung von ausstehenden Lohnzahlungen (Arbeitgeber hat Lohn nicht oder nur zum Teil gezahlt). Kommt die Gegenseite dem nicht nach, kann das Urteil vollstreckt werden. Konkret bedeutet dies Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Gegners oder Kontopfändung.
Eine Feststellungsklage zielt darauf ab, das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtlich festzustellen. In der Praxis kommt die Feststellungsklage zur Anwendung, wenn etwa eine außerordentliche (fristlose) Kündigung des Arbeitgebers angegriffen werden soll. Ein Feststellungsurteil kann nicht vollstreckt werden.
Durch die Gestaltungsklage „gestaltet“ das Gericht die Rechtslage unmittelbar, das heißt, es wirkt durch das Gestaltungsurteil unmittelbar auf das jeweilige Arbeitsverhältnis ein. Das Gericht kann das Arbeitsverhältnis ändern oder gar beenden. Häufigster Anwendungsfall der Gestaltungsklage: Bei unwirksamer Kündigung des Arbeitgeber kann das Gericht das Arbeitsverhältnis durch Gestaltungsurteil beenden und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung verurteilen (§ 9 KSchG).
In der mündlichen Verhandlung werden Anträge gestellt, die Argumente ausgetauscht und über das Ergebnis einer Beweisaufnahme diskutiert. Am Ende der Verhandlung hat das Gericht alle erforderlichen Informationen, um ein Urteil zu fällen.
Vor den Arbeitsgerichten kann sich jeder selbst vertreten (sog. Postulationsfähigkeit). Dies ergibt sich aus § 11 Abs. 1 ArbGG. Sie können also durchaus selbst als ihr eigener „Anwalt“ vor dem Arbeitsgericht auftreten.
Auch wenn eine anwaltliche Vertretung also nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, ist die Beauftragung eines Rechtsanwaltes stets die bessere Wahl. Arbeitgeber lassen sich so gut wie immer durch einen Anwalt vor Gericht vertreten. Als Laie ist man dann in einer schlechteren Situation als die vom Fachmann vertretene Gegenseite.
Und: Falls Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, übernimmt diese regelmäßig die Kosten des Rechtsstreits und Sie können beruhigt in den Prozess gehen.
Grundsätzlich gilt: Wer die Dienste eines Anwalts in Anspruch nehmen möchte, muss diesen auch selbst bezahlen. Die Anwaltskosten werden dabei entweder nach den gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) berechnet oder es wird eine sog. Vergütungsvereinbarung (etwa Abrechnung nach Stunden) getroffen.
Falls Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, übernimmt diese regelmäßig alle Kosten des Rechtsstreits. Voraussetzung ist aber die vorherige Einholung der sog. Deckungszusage.
Ob sich ein gerichtliches Vorgehen rentiert, hängt vom Einzelfall ab. So kann etwa eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung rechtlich einwandfrei sein. Dann wäre eine Klage absolut sinnlos. Auf der anderen Seite sind speziell Kündigungen häufig mit Fehlern belastet. Dann kann eine Anfechtung durchaus Erfolg versprechen.
Aber auch das Bestehen einer Rechtsschutzversicherung ist von Bedeutung: Hat diese eine sog. Deckungszusage für ihren Fall erteilt, übernimmt die Versicherung die Kosten des Rechtsstreits. Mit dieser finanziellen „Sorgenfreiheit“ im Rücken kann man beruhigter zur Klage greifen.
Letzlich kann die Frage also nur nach einer vorherigen Überprüfung durch einen Rechtsanwalt seriös beantwortet werden.